Oktoberfest 2024

Die Welt ist ein Dorf – Oktoberfest 2024

Am weltgrößten Volksfest gibts viel zu erleben. Neben waghalsigen Fahrten im „Predator“ oder der Achterbahn kann man es in der „Oidn Wiesn“ auch gemächlicher angehen lassen. Das Oktoberfest bietet für jeden was. Vor allem für Bierliebhaber.

„Geht’s amoi auf´d seit“ höre ich als mich eine starke Hand etwas unsanft zur Seite bugsiert. Erst jetzt wird mir das Klingen der unzähligen Glöckchen bewusst. Ein Brauereigespann mit prachtvoll geschmückten Pferden bahnt sich seinen Weg durch die Besucher des 189. Oktoberfests. Es ist eine wichtige Mission: Den Leuten im Zelt soll schließlich das Bier nicht ausgehen.

Löwenbräu Gespann

Am 21. September hat Oberbürgermeister Dieter Reiter wieder kräftig zugeschlagen und das Bier mit nur zwei Schlägen zum Sprudeln gebracht. „O´zapft is“, schallt es durch das Schottenhamel Festzelt. Seit 1950 wird nur in diesem Zelt der Holzhammer zur traditionellen Eröffnung der Wies´n geschwungen. Im letzten Jahr erlangte das Zelt wegen eines anderen Vorfalls Aufmerksamkeit: Ein betrunkener Amerikaner kletterte auf das Zeltdach und musste mittels Kran gerettet werden.

Schlendert man so durch das Festgelände, hört man sämtliche Sprachen. Hier treffen sich Leute aus allen Teilen der Welt zum gemeinsamen Feiern. Flo arbeitet seit drei Jahren als Kellner im Augustiner Bräu. Er erinnert sich an eine Gruppe Australier vom letzten Jahr: „Sie waren für zwei Tage da. Um sechs Uhr morgens sind sie gelandet und haben sich eine Lederhose für 15 Euro gekauft. Gleich nach dem Einchecken im Hotel sind sie hierher gekommen und haben zu trinken begonnen.“ Die Gäste aus Down Under erzählten ihm, sie würden unter anderem die Qualität des Bieres hier schätzen. „Zu Hause trinken sie im Supermarkt 15 Dosen Bier ohne großartigen Effekt. Hier trinken sie eine Maß und fallen schon fast um“.

Wiesn Kellner seit 3 Jahren
"Das Oktoberfest ist der Olymp des Bedieners" Florian, Bedienung im Augustiner Bräu
Einige Mädels aus Chicago
Einige Mädels aus Chicago beim Feiern

Mit den Auswirkungen des internationalen Bierkonsums haben auch die Betreuerinnen der Toiletten zu kämpfen. Im wahrsten Sinne des Wortes. „Erst vor kurzem gab es im Toilettenwagen eine Schlägerei zwischen einem Schotten und einem Amerikaner“, erzählt mir eine von ihnen. Sie habe die Streithähne aber rausgeworfen, bevor es zu Schlimmerem kommen konnte.

Man sollte aber nicht nur im Bierzelt sitzen und sich eine Maß nach der anderen für durchschnittlich 14,80 Euro genehmigen. Einfach mal rausgehen, frische Luft schnappen und den Besuchern zusehen. Zum Beispiel den Adrenalinjunkies, die für wilde Fahrgeschäfte Schlange stehen. Bei machen wird einem schon beim Zuschauen flau im Magen. Predator, Breakdance und die Olympia Achterbahn sind nur einige von ihnen. Wer es gemütlicher mag, der fährt doch lieber im Riesenrad der Geisterbahn oder spaziert in die „Oide Wiesn“.

Klassisches Kettenkarussell
Bei diesem Karussell könnte man schon nostalgisch werden...
Wer es lieber tierisch mag.... ein Flohzirkus
Für tierliebe Besucher - Ein Flohzirkus

Genau das fühlt sich fast wie eine kleine Zeitreise an. Immerhin sind die Fahrgeschäfte hier teilweise hundert Jahre alt. Aber auch bei geringerem Tempo hat man seinen Spaß. Wie zum Beispiel bei der Fahrt ins Paradies. Das hört sich schön und fast idyllisch an, ist aber meiner Erfahrung nach gar nicht so ohne. Diese ständige Rauf- und Runterbewegung geht schon ziemlich auf den Magen.

Die Oide Wies´n war als einmaliges Event zum 200-jährigen Bestehen des Oktoberfests geplant. Den Besuchern hat es aber so gut gefallen, dass sie jetzt schon zum zehnten Mal stattfindet. Hier kann man beim Büchsenwerfen, Schiffschaukeln oder Kettenkarussell fahren richtig nostalgisch werden. Einige g´standene Männer versuchen hier auch ein wenig anzugeben: Sie schwingen den Hammer bei der „Dicken Berta“. Mit genug Kraft und der richtigen Technik bimmelt dann die Siegerglocke. Allerdings habe ich das bei meinem Besuch nur wenige Male gehört.

Irgendwann stellt sich bei den Gerüchen nach Bratwurst, gegrillten Fisch oder Hähnchen der Hunger ein. Will man allerdings mehr als nur einen kleinen Snack, ist man in einem der vielen Zelte gut aufgehoben. Vorausgesetzt, man findet noch einen Platz. Ab 13 Uhr ist hier die Hölle los und es wird auf den Bänken getanzt. Gefühlt spielt die Blasmusikkapelle „Ein Prosit, ein Prosit der Gemütlichkeit“ alle paar Minuten. Was den Bedienungen im Zelt ziemlich einheizt, die Bierbestellungen schnellen in die Höhe. Niemand will leer da sitzen, wenn man sich zuprosten sollte. Das ist so was wie ein ungeschriebenes Gesetz beim Oktoberfest.

In diesem Zelt findet seit fünfzig Jahren die Eröffnung statt
Hier wird jedes Jahr der Holzhammer vom Oberbürgermeister geschwungen...
Das Hofbräuhaus ist eines der bekanntesten Zelte am Oktoberfest
In diesem Zelt haben insgesamt mehr als 10.000 Besucher Platz

Genau wie anscheinend das Tragen von Geflügel am Kopf. Auch wenn ich davon bisher noch nie etwas gehört habe. Die Besucher laufen entweder in Dirndl und Lederhose (naja, sagen wir in einem Lederhosenimitat) oder mit einem Hut Hähnchenform auf dem Kopf rum. Einer dieser Brathähnchenträger ist mit seinen Freunden aus Mexiko angereist. Die Gruppe macht eine Rundreise und ist erst gestern aus Berlin angekommen. Ihr erster Eindruck vom Oktoberfest? „Es ist ein friedlicher Ort, um Bier zu trinken. Wir waren noch nie in Bayern“ Die Gruppe meint aber, hier wäre ein „guter PIatz, um die bayrische Kultur kennenzulernen“. Das haben sie wohl ausführlich getan, denn wie sie mir gestanden haben, hatten sie mittag schon zwei Maß vom „guten und starken bayrischen Bier“ intus.

Mexikaner beim Oktoberfest
Diese vier Mexikaner sind das erste Mal auf der Wies´n

Und eben in dieser seligen Bierlaune zieht es viel zu den traditionelleren Fahrgeschäften. Der Klassiker ist das Teufelsrad, aber auch das Spiegelkabinett oder die Münchner Rutsch´n sind beliebt. Ein echtes Urgestein der Wiesn hört man schon von weitem: Die Münchner Voglpfeifer. Horsti und sein Sohn Tobias halten das Familiengeschäft am Leben. Sie stellen kleine Plättchen her, die zwischen Zunge und Gaumen gelegt werden. Durch den Luftstrom vibriert das Instrument. Damit lassen sich alle Arten von Vogelstimmen imitieren. Laut Horsti hilft es auch bei Sprachproblemen. „Durch das Pfeifen werden die Stimmbänder wieder gut durchblutet und man kann besser reden.“ Er und sein Sohn sorgen dafür, dass die Tradition fortbesteht. „Mein 34-jähriger Enkel macht das auch schon. Es wird immer weitergegeben, auch mein Großvater hat das Vogelpfeifen schon gemacht“, sagt Horsti mit stolzem Unterton in der Stimme.

Auch wenn man den Eindruck hat, das Oktoberfest wird fortwährend touristischer und es geht nur noch um das (salopp gesagt) „Saufen“ – Menschen wie Horsti und die Betreiber der anderen klassischen Stände sorgen dafür, dass es bis zu einem gewissen Grad immer ein Traditionsfest bleiben wird.


Quellen:

Offizielle Oktoberfestseite (https://www.oktoberfest.de/)

Eigene Erfahrung und Interviews bei meinem Besuch am 26. September 2024

Copyright:

Sämtliche Fotos und Videos dieser Seite sind Eigentum von Ingrid Müller

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