Hände, die sich in der Mitte treffen. Die Personen stehen in einer Runde und ihre Hände berühren sich in der Mitte

Warum wir alle ein wenig Ubuntu sein sollten.

Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu hat ein afrikanisches philosophisches Konzept weltbekannt gemacht: Ubuntu. Und nein, es geht nicht um das Linux Betriebssystem. 

Das Wort Ubuntu ist eine Abkürzung aus der Sprache Xhosa und heißt vollständig UMUNTU NGUMUNTU NGABANTU. Bevor jetzt jemand nach einem Wörterbuch sucht, der Spruch heißt übersetzt „Eine Person ist eine Person wegen und durch andere.“ Damit wird Mitgefühl, Verständnis, Menschlichkeit und auch das Interesse der Erhaltung einer Gemeinschaft mit Gerechtigkeit und gegenseitiger Fürsorge beschrieben. 

Die Kinder und der Obstkorb

Im Internet kursiert eine Geschichte, die zum besseren Verständnis dieser Philosophie beiträgt: Ein europäischer Forscher bot hungrigen Kindern eines afrikanischen Stammes einen Deal an. Er stellte einen Korb mit reifen, süßen Früchten unter einen entfernten Baum. „Wer zuerst dort ist, bekommt alle Früchte“, erklärte er den Kleinen. Doch anstatt loszurennen, wie es der Forscher erwartet hatte, nahmen sie sich an den Händen und liefen gemeinsam zum Baum. Dort setzten sie sich und aßen gemeinsam die Früchte. Der Europäer fragte nach, warum sie gemeinsam gelaufen sind. Ein Einzelner hätte sich doch mit dem ganzen Gewinn leicht satt essen können. „Ubuntu – Wie kann einer von uns froh sein, wenn alle anderen traurig sind?“ war ihre Antwort. 

Diese Reportage, die ursprünglich von der Philosophin Lia Diskin im Jahr 2006 geteilt wurde, kann zwar nicht verifiziert werden, aber sie erklärt Ubuntu gut. Es ist sehr verbreitet, sich vorzustellen, dass man als einzigartiges Individuum geboren wurde. Man kommt nur in Gruppen zusammen, wenn man etwas von anderen braucht, der Einzelne kommt zuerst. 

Worum geht es bei Ubuntu?

Bei der Lehre von Ubuntu ist es anders. Hier werden die Prioritäten umgedreht. Zuerst kommt die Gemeinschaft. Unsere individuelle Persönlichkeit entwickelt sich erst aus der Gruppe heraus. Wir sind alle untrennbar miteinander verbunden. Wie es die Geschichte mit den Kindern verdeutlicht. Wie kann einer glücklich sein, wenn andere traurig sind oder sogar leiden?

„Eine Person wird erst durch andere Personen zur Person. Niemand kommt voll entwickelt und fertig in diese Welt. Wir würden nicht wissen, wie man denkt, geht, spricht oder sich als Mensch verhält, wenn wir es nicht von anderen Menschen lernen würden. Wir brauchen andere Menschen, um menschlich zu werden.“ Desmond Tutu im Jahr 2004

Ubuntu hat die Wurzeln auf dem afrikanischen Kontinent, aber die Philosophie wird auch anderweitig ausgelebt. Im Jahr 1976 konnte man den Geist von Ubuntu bei den Special Olympics in Spokane, Washington erleben. Zumindest im Ansatz. Dort stolperte einer der Teilnehmer im 100 Meter Lauf. Einige seiner Konkurrenten blieben daraufhin stehen und gingen mit ihm gemeinsam über die Ziellinie. 

Zusammengefasst kann man sagen, dass Ubuntu mehr als nur Nächstenliebe ist. Es ist eine tiefe Verbundenheit zu anderen Menschen. Der Einzelne ist Teil der Gemeinschaft und daher liegt die Priorität auch als Einzelner im Allgemeinwohl. Es gibt also keine Konkurrenz, sondern nur Kooperation. Wenn es allen gut geht, geht es auch jedem Einzelnen gut. 

Nachtrag: Das Ubuntu Betriebssystem von Linux hat seinen Namen tatsächlich von dieser Philosophie.

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