gezeichnete Abbildung der Vollstreckung Todesstrafe Burke

Wenn dem Professor die Leichen ausgehen …

Zwei junge Männer haben in Schottland im 19 Jahrhundert eine Marktlücke entdeckt: den Handel mit frischen Leichen. Damals wurden hauptsächlich Tote aus Hinrichtungen für medizinische Studien verwendet – Was viele Professoren an Medizinunis in Schwierigkeiten brachte.

 

Es war kalt an diesem Mittwoch im Januar 1829. Dennoch wollten sich 25.000 Menschen dieses Schauspiel nicht entgehen lassen. Gebannt starrten sie auf das Podest, wo dem 37-jährigen William Burke gerade die Schlinge um den Hals gelegt wurde. Als sich das Seil unter den Buh-Rufen der Zuschauer spannte, war dies das Ende einer furchtbaren Mordserie.

William Burke wollte nur ein besseres Leben haben. In Irland gab es keine Arbeit, kein Perspektive. Als für den Bau des schottischen „Union Canal“ Arbeiter gesucht wurden, beschloss Burke, seiner Heimat den Rücken zu kehren. Er war freudig überrascht, dass ein weiterer Ire auf der Baustelle war: William Hare. Die Beiden hatten viel gemeinsam und wurden schnell Freunde. Als Hare seinem Kollegen vorschlug, in das Mietshaus seiner Frau einzuziehen, überlegte Burke nicht lange. Wer hart arbeitet, darf auch feiern, heißt es. Diesen Spruch haben Burke und Hare ernst genommen. Sie ließen es richtig krachen und hatten schnell einen gewissen Ruf inne.

 

Wie alles begann.

Das Mietshaus am oberen Ende des Grassmarket bot Menschen aus allen Schichten eine Bleibe. Es war keine große Überraschung, als am 29 November 1827 einer der Mieter im Haus starb: Donald hatte schon seit langer Zeit mit seiner Alkoholsucht gekämpft. Aufgrund seiner Leidenschaft für Hochprozentiges hatte er es mit der Mietzahlung nicht so genau genommen. Als der Leichnam in den Sarg gelegt wurde, erinnerte sich Hare an eine Aussage seines Freundes. Der Medizinstudent erwähnte, dass es an der Uni einen Engpass an Leichen gäbe. Das sei eine Katastrophe, wie soll man denn Medizin praktizieren, wenn man nicht weiß, wo genau die Leber liegt? Es sei so schlimm, dass Professor Knox sogar Geld für eine frische Leiche zahlen würde. 

Schlagartig wurde Hare klar, wie er an die fehlenden Mieteinnahmen von Donald kam. Er und Burke brachen abends den Sarg auf, entnahmen die Leiche und füllten ihn mit Abfällen eines lokalen Gerbers. Der so präparierte und wieder zugenagelte Sarg ging am nächsten Tag zu seiner letzten Reise.

Donalds Leiche, die sie nachts unter dem Bett versteckt hatten, brachten sie am nächsten Tag zur Universität von Edinburgh und kassierten sieben Pfund für den toten Körper. Damit konnte sie einige längst überfällige Rechnungen bezahlen.

So wurden früher die Leichen vor dem Ausgraben geschützt
Um die Verstorbenen vor Grabräubern zu schützen, kamen diese Konstruktionen zum Einsatz. Das Ausgraben und Verkaufen von Leichen war damals übrigens legal. (1)

Dann wurden sie gierig …

Nachdem der Handel mit Donalds Leichnam so einfach abgelaufen war, wurden Burke und Hare gierig. Ungeduldig wollten sie nicht warten, bis jemand gestorben war. Sie nahmen das selbst in die Hand. Das war der Beginn einer Mordserie, der insgesamt 16 Menschen zum Opfer fielen. 

Die Vorgehensweise war immer gleich: Die Opfer wurden beim gemeinsamen Feiern mit Whiskey abgefüllt. Dann hielt ihnen Hare mit den Händen Mund und Nase zu, während sich Burke mit vollem Körpergewicht auf die Brust legte. Aufgrund des vorherigen exzessiven Alkoholkonsums leisteten die Opfer wenig Gegenwehr. Diese Methode hatte einige Vorteile: Zum einen benötigte man wenig Kraft zur Ausführung. Sollte das Opfer doch aus irgendeinem Grund Luft bekommen haben, wurde sie von Burkes Gewicht schnell wieder aus der Lunge gedrückt. Zum anderen war diese Methode für damalige Rechtsmediziner so gut wie nicht als Mord nachweisbar. 

In den darauffolgenden Monaten fanden viele Partygäste von Burke und Hare den Tod. Dr. Knox zahlte zwischen sieben und zehn Pfund pro Leiche und stellte auch keine Fragen.

Das Ende begann mit der Suche nach einem Paar Socken.

Doch dann wendete sich das Blatt. Eines ihrer Opfer, Margeret Dochety, wurde von einem anderen Mieter gefunden, bevor Burke und Hare sie zu Dr. Knox bringen konnten. Ann und James Grey wollten nur ihre Socken holen, die sie bei der gemeinsamen Party am Abend ausgezogen hatten. Sie hatten die private Feier schon etwas früher verlassen, während die beiden Männer und die Irin Dochety noch ihren Spaß hatten. Doch statt der gesuchten Socken fanden sie ihre Trinkfreundin. Sie lag tot mit ihrem Gesicht voller Blut und Speichel am Ende des Bettes. Offensichtlich hatte sie um ihr Leben gekämpft. Erfolglos.

Geschockt von dem Anblick stürzten die Greys sofort zur Polizei und meldeten den Mord. Während dessen schafften Burke und Hares schnell die Leiche zur Uni. Nachdem sie zehn Pfund für den Körper erhalten hatten, machten sich die beiden auf den Heimweg. Der Polizei, die schon bei ihnen zu Hause wartete, erklärten sie, Dochety wäre bereits wieder abgereist.

Blutspuren auf dem Bett und gegenseitige, nicht übereinstimmende Aussagen der beiden Mörder führten dazu, dass sie schließlich doch vor Gericht landeten. Dochetys Leichnam wurde schließlich durch Hinweise aus der Bevölkerung in der Gerichtsmedizin der Uni Edinburgh gefunden.

Der Prozess

Burke und Hare wurden vor Gericht gestellt. Burkes Freund und Partner bei den Morden, William Hare, sagte vor dem Richter und den Geschworenen gegen ihn aus. Er gab an, Burke sei der Kopf und Strippenzieher hinter den Verbrechen. Dadurch kam er straffrei davon.

Dr. Robert Knox, der den Mördern die Leichen abgekauft hatte, wurde wegen eines Entlastungsschreibens nicht angeklagt. „Doktor Knox hat mich nie dazu ermutigt oder mir gelehrt, einen Mord zu begehen“, schrieb Burke damals. (Statement vom Januar 1829)

Nachdem Burkes Anwalt ein zweistündiges Schlussplädoyer gehalten hatte, zog sich die Jury zurück. Nach fünfzig Minuten hatten die Geschworenen ihre Entscheidung gefällt: Tod durch Hängen.

gezeichnete Abbildung der Vollstreckung Todesstrafe Burke
Bild der Hinrichtung von William Burke im Januar 1829

Burke wurde am 28 Januar 1829 vor mehr als zwanzigtausend Zuschauern öffentlich hingerichtet. Drei Tage später wurde sein Leichnam in aller Öffentlichkeit von Professor Monro seziert. Das Interesse an diesem Eingriff war so groß, dass es unter den Zuschauern sogar zu Rangeleien um die besten Plätze kam.

Nach der zweistündigen Prozedur tauchte der Professor seinen Stift in das Blut des Toten. Er schrieb auf ein Blatt „Dies ist geschrieben mit Burkes Blut, das seinem Schädel entnommen wurde“. 

Das nennt man wohl Ironie

Burkes Skelett wurde dem Anatomiemuseum der Medizinischen Fakultät von Edinburg überlassen. Dort steht es bis zum heutigen Tag den Medizinstudenten zur Verfügung. Seine Totenmaske und ein Buch, dessen Einband aus Burkes Haut besteht, sind im Surgeons Hall Museum ausgestellt. Auch weitere Teile seiner Haut wurden wegen seiner Bekanntheit zu „Souvenirs“ weiterverarbeitet. So wurde ein Visitenkartenetui aus der Haut seiner linken Hand im Jahr 1988 vom britischen Auktionshaus Phillips für 1.050 GBP (ca. 1.250 Euro)* versteigert. 

Burkes Komplize Hare wurde am 5 Februar 1829 aus der Haft entlassen. Sein weiteres Verbleiben ist unbekannt.

Burkes Skelett steht in der Surgeons Hall
Burkes Skelett wird heute noch von Medizinstudenten verwendet

Nachtrag:

Kurz nach dem Ende von Burke wurde der Anatomy Act von 1832 unterzeichnet. Er besagt, dass es Medizinern und Medizinstudenten erlaubt ist, auch gespendete Leichen zu sezieren. Somit mussten sie nicht mehr auf einen Körper aus einer Hinrichtung warten. Ein großer Fortschritt für die Medizin.

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Quellen:

Source: Schottisches Natinalmuseum

University of Edinburgh

https://media.nms.ac.uk/

Britannica (https://www.britannica.com/biography/William-Burke-and-William-Hare)

 

Photocredit:

National Scottish Museum 

und Bild (1) Ingrid Müller

 

*Wertstand Britishes Pfund vom 21. September 2024

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