Sobald ein neues Jahr beginnt, streben viele Menschen nach Veränderung. Sie wollen gesünder werden, mehr sparen und ihr Leben generell verbessern. Die klassischen Neujahrsvorsätze. Einige gehen jedoch noch einen Schritt weiter: Sie streben nach Größerem und suchen ihr Glück in östlicher Philosophie. Das Internet ist diesbezüglich voll mit guten Tipps und Ratschlägen. Aber was hat es mit Begriffen wie Wabi Sabi oder Kaizen auf sich?
Die japanische Kultur ist sehr vielfältig. Manche der Weisheiten, die derzeit in den sozialen Medien so gehypt werden, sind schon Jahrhunderte alt. Ihre Wurzeln haben sie zum Teil in Religionen, aber auch in der Kultur der Samurai.

Woher kommen die Weisheiten?
- Zen-Buddhismus:
Hier geht es um die Bedeutung von Meditation und Achtsamkeit im Alltag. Dieser tiefgründige buddhistische Spruch bringt es auf den Punkt: „Sitze still und tue nichts. Der Frühling kommt und das Gras wächst von selbst“. Man sollte auf den natürlichen Gang der Dinge vertrauen. Alles ist vergänglich. Je früher man das akzeptiert, desto besser. Genau deswegen ist es wichtig zu versuchen, im Hier und Jetzt zu leben.
- Shintoismus:
In der Ur-Religion der Japaner geht es um die Verehrung der Natur. Alle Dinge, belebt oder unbelebt, haben laut der Shinto Religion „Kami“ in sich. Kami wird oft mit „Gott“ oder „Heiligkeit“ gleichgesetzt, ist jedoch allumfassend zu verstehen. Kami kann zugleich Gut und Böse sein. Gegensätzlich und doch untrennbar vereint. Shintoismus steht für eine tiefe Verbundenheit und einen respektvollen Umgang mit der Natur.
- Samurai:
Die japanischen Krieger haben nach einem strengen Kodex gelebt. Alles drehte sich um Disziplin, Loyalität und um Ehre. Zusätzlich spielten die Werte Mut, Gerechtigkeit, Respekt, Ehrlichkeit und Mitgefühl eine wichtige Rolle. Sie haben nicht nur beim Kampf nach diesen Prinzipien agiert, die Samurai haben ihr ganzes Leben danach ausgerichtet.
Diese drei Bausteine haben entscheidend zur Entwicklung der japanischen Lehren beigetragen. Die nachfolgenden Weisheiten sollen dazu animieren, öfter mal innezuhalten und in sich zu gehen. Es soll über die eigenen Wertvorstellungen nachgedacht werden. Auch eingefahrene Gewohnheiten zu hinterfragen ist Ziel der Philosophie. Allgemein sollte ein respektvollerer Umgang mit anderen, aber auch mit sich selbst gepflegt werden.


Es gibt viel mehr als sieben Weisheiten.
In vielen Internetforen ist die Rede von sieben Weisheiten. Das ist sehr vereinfacht und bei Weitem nicht vollständig. Hier eine kleine Auswahl der wichtigsten Tipps aus dem Land der aufgehenden Sonne:
Ikigai:
Entdecken sie Ihre Bestimmung – was ist der Grund, warum Sie jeden Morgen aufstehen? Es sollte mit Ihren Stärken und Leidenschaften übereinstimmen. Das wird Ihrem Leben eine Bedeutung geben.
Shikata ga nai:
Lassen Sie los, was Sie nicht ändern können. Manches liegt außerhalb unserer Kontrolle und das ist völlig in Ordnung. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf das, was Sie beeinflussen können.
Wabi Sabi:
Erkennen Sie die Schönheit in der Unvollkommenheit. Nichts im Leben ist perfekt. Anstatt ständig danach zu streben, sollten Sie Freude an der Imperfektion entdecken.
Gaman:
Bewahren Sie selbst in schwierigen Momenten die Beherrschung. Emotionale Reife und Würde sollten Sie auch in Konfliktsituationen zeigen. Bleiben Sie verständnisvoll dem anderen gegenüber.
Oubaitori:
Vergleichen Sie sich nicht mit anderen. Das ist eine große Ursache von Unzufriedenheit. Jeder hat seinen Weg. Daher lieber auf den eigenen Fortschritt achten, statt sich auf seine Mitmenschen zu konzentrieren.
Kaizen:
Streben Sie immer nach Verbesserungen. Fragen Sie sich am Ende eines Tages „Was kann ich in meinem Leben besser machen?“ Das betrifft alle Lebensbereiche. Gesundheit (physische und psychische), Partnerschaft, Karriere,.. Selbst kleine Veränderungen führen über längere Zeit hinweg zu großen Verbesserungen.
Shu Ha Ri
Man könnte diese Weisheit mit dem Spruch „Man lernt nie aus“ vergleichen.
Beim „Shu“ erlernen Sie die Grundlagen. Verinnerlichen Sie das Wissen eines Lehrers, der auf seinem Gebiet führend ist. Anschließend setzen Sie das Gelernte um („Ha„) . Mit „Ri“ ist das Ergänzen des Gelernten mit neuem Wissen gemeint. So können Sie über sich hinaus wachsen.
Mottainai:
Werfen Sie nichts unnötig weg, sondern schätzen Sie seinen Wert. Dies kann auf Dinge aber auch auf anderes wie Zeit oder Energie angewendet werden.
Omoiyari:
Kümmern Sie sich auch um Andere und achten Sie auf deren Wohlergehen.
Shoshin:
Bleiben Sie offen für Neues, neugierig und lernbereit! So gewinnen Sie immer neue Perspektiven und wachsen daran.
Ganbaru:
Halten Sie in schwierigen Situationen durch und trotzen Sie den Widerständen. Bleiben Sie hartnäckig und entschlossen, auch in Zeiten von Rückschlägen und Herausforderungen.
Teinei:
Seien Sie höflich und sorgfältig im Umgang mit Anderen – und sich selbst! Achtsamkeit ist wichtig, sowohl bei Handlungen als auch bei Gedanken.

So neu ist das alles gar nicht.
Die meisten dieser Konzepte sind auch in Europa schon lange bekannt. Sie wurden teilweise durch Sprichworte oder Zitate von einer Generation auf die Nächste weitergegeben.
Die japanische Kultur hat übrigens noch viel mehr zu bieten als nur einige Lebensweisheiten. Also bitte dran bleiben, ich werde diese faszinierende Kultur immer wieder zum Thema in diesem Blog machen.
Quellen:
www.britannica.com unter „Japanese Philosophy“
https://plato.stanford.edu/entries/japanese-philosophy/
Eigene Erfahrung auf meiner Japan Reise durch Tokyo, Kyoto, Koyasan, Nikko und Osaka
Foto Copyright: Ingrid Müller
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