Fiaker gibt es in Wien schon seit 1693. Man findet sie gleich an mehreren Standorten. So kann entweder am Stephansplatz zusteigen, aber auch am Michaeler- und Albertinaplatz. Die Pferdegespanne stehen ebenfalls am Petersplatz und dem Burgtheater für eine Ausfahrt zur Verfügung. Die Kosten für eine Fahrt variieren je nach Dauer und Anbieter. Sie liegen aktuell zwischen 60 und 160 Euro pro Kutsche.
Der Preis spiegelt den Aufwand wider, der sich hinter einer Kutschfahrt verbirgt. Hintergrundwissen zu den Sehenswürdigkeiten der Strecke, Fahrtenbuch führen, auf der Straße trotz verärgerter Autofahrer einen kühlen Kopf bewahren und sich an alle Regeln halten. Und davon gibt es viele. So wird eine Strafe von 80 Euro fällig, wenn ein Fiaker ohne die typische schwarze Melone unterwegs ist. Immerhin geht es auch darum, ein gewisses Image zu vermitteln.
Das Wichtigste ist, dass sowohl die Pferde als auch die Kutsche in einwandfreiem Zustand sind. Daher führt der erste Weg morgens zu den Pferden in die Stallungen. Sie werden einem ersten Check Up unterzogen und dann „Stadtfein“ gemacht. Die Fiakerfahrer haben es dabei nicht immer mit den gleichen Pferden zu tun. Am Vorabend erfahren die Fiaker, mit welchen Tieren sie am nächsten Tag arbeiten werden. So können sie vorab schon die beste Strecke vom Stall zum Stellplatz suchen. Denn „jedes Pferd ist anders und hat vor etwas anderem Angst“, erklärt der 22-jährige Alex dazu. Der Quereinsteiger hat vom Restaurantfachmann zum Beruf des Fiakers gewechselt. „Ich bin durch einen Freund dazu gekommen. Der Stress mit der Kellnerei war einfach zu viel“, sagt Alex dazu. Nachdem er mit Pferden aufgewachsen sei, wollte er es probieren.
Man braucht einen Fiakerführerschein.
Wer jetzt aber denkt, man kann einfach so auf dem Kutschbock Platz nehmen, der irrt. Ein Fiaker muss sowohl über die Pferde und Kutsche, die Tradition des Berufes als auch über Wien viel wissen. Das wird im Rahmen von theoretischen und auch praktischen Prüfungen abgefragt. Erst wenn man die bestanden hat, darf man als Fiaker tätig sein.
Der Alltag eines Wiener Fiakers beginnt relativ entspannt. Denn vor elf Uhr vormittags dürfen sie überhaupt nicht fahren. Andernfalls kostet das 400 Euro Strafe, sofern es keine vorab bestellte Fahrt ist. Nach Kontrolle von Pferden und Kutsche im Stall geht es mit Abstand und unterschiedlichen Fahrtrouten zum Stellplatz. Die Fiaker wollen kein noch größeres Verkehrshindernis sein, als sie wegen ihres gemächlichen Tempos sowieso schon sind.
Während das Pferdegespann auf der Straße unterwegs ist, kommt es laut Aussage von einigen Fiakern auch immer wieder zu Beschimpfungen. Alex erinnert sich an so manche Vorfälle. „Da kommt schon mal „Du schei* A*loch, Du Tierquäler und ähnliches. Das hört man sehr oft. Und nicht nur von Passanten, sogar ein Polizist hat mir schon Beleidigungen an den Kopf geworfen.“

Werden in Wien bald Heiratsanträge in Elektrokutschen gemacht?
Der Österreichische Tierschutzverein (ÖTV) kritisiert in einer Presseaussendung die Fiaker. „Pferde sind Fluchttiere, die trotz Scheuklappen im Straßenverkehr ständig gestresst und reizüberflutet sind“, heißt es darin. Es wird darauf hingewiesen, dass die Sommer ständig heißer werden. Auch das Ziehen der schweren Kutschen über das Kopfsteinpflaster sei für die Tiere eine Tortur.
Die Organisation hat eine Petition für den Umstieg auf Elektrokutschen in Leben gerufen. „Damit wäre nicht nur den Tieren geholfen, sondern auch den Bewohnern der Stadt Wien“, fasst der ÖTV den Nutzen der elektrisch betriebenen Fahrzeuge zusammen. Sie seien umweltfreundlich, reduzierten die Lärmbelastung und die besonders im Sommer stinkenden Pferdeäpfel würden ebenfalls wegfallen.
Über die Umweltfreundlichkeit von Elektrokutschen mit Akku kann man zweigeteilter Meinung sein (überhaupt im Vergleich zu Pferden). Die Lärmbelastung der Fiakeralternative ist sicher minimal. Ob allerdings das Geräusch von Hufen in Wien je ein großes Thema war? Das Argument mit den stinkenden Pferde-Hinterlassenschaften ist veraltet. Schon seit 2004 müssen Fiakerpferde einen Pooh-Bag (umgangssprachlich: eine Pferdewindel) tragen. Hält sich ein Fiaker nicht dran, muss er mit einer Strafe von 3.500 Euro rechnen.
Fiaker gegen Tierschutzverein
Während es normalerweise Tierschutzverein gegen Fiaker heißt, so war es im Mai 2023 andersrum. Der Verein gegen Tierfabriken oder auch VTG genannt, wurde vom Fiakerunternehmen Paul verklagt. Der VTG stand vor Gericht, nachdem sie behauptet hatten, dass in Wien „aufgrund der Hitze immer wieder Fiakerpferde kollabieren“. Tatsächlich sind Pferde zusammengebrochen, es war jedoch nachgewiesen nicht hitzebedingt. Die Tiere litten an anderen Erkrankungen. Daher entschied das Gericht, das diese Behauptung nicht nur zu unterlassen sei, sondern dass auch ein Widerruf dieser Anschuldigungen als unwahr zu erfolgen habe. Es berief sich dabei auf Aussagen des Wiener Veterinäramt.
Laut Fiakerunternehmer Paul sei jeder Standplatz mit Futter und Wasser ausgestattet. „Der Platz für die Pferde liegt in der wärmsten Tageszeit im Schatten und sie werden zur Abkühlung mit Wasser abgespritzt“. Seit 2016 dürfen Pferde laut Gesetz ab gemessenen 35 Grad in der Innenstadt nicht mehr im Einsatz sein. Außerdem werden schon seit 2011 unangekündigte Kontrollen in den Pferdeställen und an den Standplätzen durchgeführt.
Ein Tierschützer als Fiaker
Seit fünf Jahren ist Hermann schon als Fiaker unterwegs. Er hat eine ungewöhnliche „Karriere“ gemacht. Er war ganze 15 Jahre lang in Vösendorf beschäftigt – in einem Tierschutzheim. „Aufgrund des leidigen Themas, das es [das Fiakerfahren] Tierquälerei ist und die Tiere kein Wasser bekommen, habe ich das Ganze näher beobachtet. Und so bin ich dazu gekommen“, erzählt der 58-Jährige.

Er hat eine eigene Theorie, warum die Tierschützer so extrem Stimmung gegen die Fiaker machen. „Die Tierschutzorganisation, dessen Namen ich jetzt nicht nennen werde, verdienen mit uns ein Heidengeld,“ empört sich der gebürtige Wiener „Das ist ihr Geschäftsmodell. Sie kommen zum demonstrieren her und stellen gleich eine Spendenbox auf.“
Hermann, der sich ganz vehement gegen Massentiertransporte, Spaltböden und das Schächten (Ausbluten) von Tieren ausspricht, sieht das Pferd als Arbeitstier. Er „möchte in Frieden seinem Job nachgehen, es werde eh schon so streng kontrolliert werden“, meint er abschließend.
Die strengen Auflagen sind durchaus gerechtfertigt. Denn auch wenn einige Argumente der Tierschützer etwas hinken, so lässt sich doch der Stressfaktor für die Pferde nicht schön reden. Am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, ob Fiakerfahren zur Wiener Kultur gehört oder es ein schlichtes Ausnutzen der Tiere ist.
Schon gewusst?
- Fiaker ist sowohl die Bezeichnung für das Fuhrwerk als auch den Fahrer.
- In der Hauptsaison arbeiten Fiaker von 11 Uhr vormittags bis 22 Uhr abends.
- Einige Fiakerunternehmen arbeiten das ganze Jahr hindurch.
- Fiaker bekommen regulären Lohn, egal, wie viele Fahrten sie machen.
- Bei schlechten Benehmen steht es dem Fiaker frei, Menschen aus ihrem Fahrzeug zu verweisen. Oder ihnen die Fahrt zu verweigern.
- 1987 nahm die erste Frau am Kutschbock Platz. Sisi Ringl hat seitdem viele Frauen motiviert, ihr nachzueifern.
- Um Fiaker zu werden, muss man sowohl Prüfungen des österreichischen Pferdesportverbandes (bronzenes Fahrtabzeichen) als auch der Wirtschaftskammer (Fiaker Führerschein) bestehen.
- Fiaker haben gesetzlich eine Vier-Tage-Woche.
Quellen:
https://www.ridingdinner.com/blog/die-geschichte-der-wiener-fiaker
https://wien.orf.at/stories/3208570/
https://wien.gruene.at/news/gruener-erfolg/wir-schuetzen-wiens-fiaker-pferde/
https://tierschutzverein.at/presseaussendung/elektrokutschen-statt-pferde-fiaker/
https://www.wien.gv.at/recht/landesrecht-wien/landesgesetzblatt/jahrgang/2004/html/lg2004024.htm
https://www.pferde.de/magazin/tierschuetzer-freuen-sich-wiener-fiaker-kein-kulturerbe/
https://www.fiaker-paul.at/produkt/stallfuehrung/
Interview mit 2 Fiakern (Alex und Hermann) am Stephansplatz in Wien am 7. März 2025
Foto Copyright: Ingrid Müller
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