Menschen, die sich gegenseitig mit Pulver bewerfen und dann lachend weglaufen. Kinder, die über und über mit Farbe beschmiert sind und laute indische Musik. Es ist wieder so weit: Happy Holi!
Derzeit bleibt wohl niemand in Indien sauber. Der Kontinent feiert das Frühlingsfest Holi – und das ausgiebig. Das hinduistische Fest findet jedes Jahr am Tag des Vollmondes im Hindu-Monat Phalguna statt. Dabei wird an mindestens zwei Tagen literweise gefärbtes Wasser verspritzt oder Menschen mit Farbpulver beworfen. Es gibt durchaus Dörfer, wo die Feierlichkeiten bis zu sechzehn Tage dauern (Braj Holi, Uttar Pradesh).
Warum feiert man Holi? Die Hintergründe.
Holi hat seine Wurzeln in der indischen Mythologie. Vielerorts wird das Fest der Farben mit der Legende von Hiranyakashipu verknüpft. Der König der Dämonen mit dem schwierigen Namen wollte mithilfe seiner Schwester Holika seinen Sohn Prahlada umbringen. Pahlada, ein Verehrer des Hindu Gottes Vishnu, wurde mit Holika auf einen Scheiterhaufen gesetzt. Sie wollte sich dabei selbst mit einem Mantel vor den Flammen schützen. Das hat leider nicht so geklappt: Der Mantel beschützte Prahlada vor dem Feuertod, Holika starb jedoch qualvoll. Später in dieser Nacht tötete Vishnu den Auftraggeber des versuchten Mordes, Hiranyakashipu. Somit hatte das Gute über das Böse triumphiert. In einigen Regionen Indiens wird deswegen zu Holi ein großer Scheiterhaufen angezündet.
In anderen Teilen des Kontinents steht die Geschichte von Krishna und Radha im Vordergrund. Der junge Krishna, eine Gottheit, die als Manifestation von Vishnu angesehen wird, verbrachte viel Zeit mit Radha. Sie sah jedoch anders aus als Krisha. Während seine Haut hellblau war, hatte ihre einen gelblichen Ton. Krisha beschwerte sich bei seiner Mutter Yashoda über die Ungerechtigkeit der Natur, dass Radha so helle Haut besaß,er jedoch so dunkel war. Daraufhin meinte sie zu ihrem Sohn, er solle doch einfach Radha´s Gesicht einfärben. Genau das machte der verspielte Junge dann auch. Das ist der Ursprung, warum sich die Menschen mit Farbe bewerfen.
Alle sind gleich - zumindest während des Festes.
An Holi wird nicht nur die Ankunft des Frühlings gefeiert oder der Sieg des Guten über das Böse. Es ist auch ein Fest der Versöhnung und der Gemeinsamkeiten. Daher werden während Holi alle Inder gleich behandelt. Egal, welcher Kaste sie angehören. Denn obwohl jegliche Diskriminierung aufgrund von Kastenzugehörigkeit von der Verfassung der Republik Indien schon 1949 verboten wurde, sieht die Realität anders aus. Dalit (auch Unberührbare genannt) stellen die unterste Gruppe in der hinduistischen Gesellschaft dar. Die geschätzt 160 Millionen Angehörigen der Dalit leiden besonders in ländlichen Gegenden noch immer unter Ausgrenzung durch Rassismus und Gewalt.
Wie bei vielen ausgelassenen Feiern spielt auch bei Holi der Alkoholkonsum eine Rolle. Dadurch wird man jedoch nicht nur lockerer und fröhlicher. Auch die Hemmschwelle sinkt rapide. So kommt es während des harmlosen Festes immer wieder zu Übergriffen und Belästigungen gegenüber Frauen. Ein solcher Vorfall wurde in zwei Städten im Bundesstaat Uttar Pradesh per Video dokumentiert. Der Blogger Tushar Shukla, der selbst anwesend war, teilte ein Video der Belästigung auf der Social Media Plattform Instagram.
Ist das Pulver gefährlich?
Beim Fest der Farben ist logischerweise die Farbe das Wichtigste. Das Pulver wird in die Luft geworfen, auf die Wange geschmiert und auch schon mal unabsichtlich mitgegessen. Da kommt man um die Frage nicht herum: Woraus besteht es eigentlich? Früher wurden die Farben ausschließlich aus natürlichen Stoffen gewonnen. Grün aus Neem Blättern, Gelb aus Kurkuma, Rot aus dem Granatapfel, um nur einige Beispiele zu nennen.
Dies hat sich jedoch geändert. Die Farben des Gulal, wie das Holipulver genannt wird, werden heutzutage durch Verwendung von künstlichen Inhaltsstoffen kostengünstiger produziert. Das Resultat sind außerdem noch intensivere Farben. Die Bestandteile aus der Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie werden mit Maisstärke oder auch Talkumpulver vermischt und sind dann gebrauchsfertig. Es gab in den letzten Jahren einige Meldungen über Menschen, die nach dem Kontakt mit Gulal über Hautirritationen, Atemproblemen oder Ausschlag geklagt haben. Obwohl in einigen Artikeln die Rede von der Verwendung von Blei, Quecksilber und sogar Asbest in sehr günstigen Farbpulvern ist, konnte dies nicht durch Quellenangaben verifiziert werden.
Bestätigt ist allerdings die vermehrte Belastung durch Feinstaub während des Holi-Festes. Dies führt sogar zu einem Anstieg der Krankenhauseinweisungen wegen Atemschwierigkeiten und Augenproblemen. Hier können Sie die Ergebnisse der Studie von Januar 2019 darüber einsehen.
"Happy Holi" - auch außerhalb Indiens.
Das Spektakel hat es inzwischen sogar nach Europa geschafft. Es wird von einigen Veranstaltern angeboten und hat bereits viele begeisterte Anhänger. Obwohl das religiöse Fest in Europa natürlich anders abläuft. Statt dem Verbrennen eines Scheiterhaufens wird hier Technomusik von DJs aufgelegt und die Farbwolken werden mittels Kanonen stündlich über die Zuschauer abgefeuert. Das Farbpulver darf aufgrund Sicherheitsbestimmungen übrigens nicht mitgebracht werden, es muss vor Ort gekauft werden.
Egal, ob man sich in Neu Delhi, Barcelona oder Wien mit Farbpulver bewirft, der Spaß ist das Wichtigste!
Also: HAPPY HOLI!

Quellen:
https://www.statista.com/chart/17426/holi-facts-and-figures-india/
https://cen.acs.org/articles/96/i9/Holi-colors-gives-vibrant-hues.html
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/archiv/525752/indiens-weg-zur-verfassung-von-1949/
https://www.holifestival.org/#google_vignette
https://www.britannica.com/topic/Holi
Bilder Copyright: Ingrid Müller
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