Sorgfältig platziert Anna Sophia die Kette ihrer Oma auf dem kleinen Tisch. Ihr Lieblingskuchen steht bereits dort, gleich neben einer Schachtel Zigaretten. Ihre Oma soll sich wohlfühlen, wenn sie endlich wieder nach Hause kommt. Nachdem sie schon seit acht Jahren im Reich der Toten ist.
Der mexikanische Día de los muertos ist inzwischen auch hierzulande bekannt. Allerdings hat der „Tag der Toten“ nicht viel mit dem Totengedenken zu tun, die wir es in Österreich kennen. Je nach Region wird den Verstorbenen anders gedacht. Der Día de los Muertos oder auch Hanal Pixan, wie er in Yucatán heißt, geht über mehrere Tage. Die Hauptfeier findet von Ende Oktober bis Anfang November statt. Die Vorbereitungen dafür beginnen aber schon früher.
Der Ablauf
Los geht es mit einem Großputz des ganzen Hauses. Es soll alles aufgeräumt und sauber sein, wenn die Toten zu Besuch kommen. Und sie bleiben nicht nur ein/zwei Tage. Die geliebten Verstorbenen verbringen den ganzen November im Haus ihrer Familie. Es ist ganz selbstverständlich, dass in diesem Zeitraum sehr respektvoll miteinander umgegangen wird. Wenn man sich mit dem Hammer auf den Finger haut, sollte man sich das Fluchen besser verkneifen.
Wenige Tage vor Ankunft der Verstorbenen wird der Altar, auch Ofrenda genannt, vorbereitet. Er soll den Toten das Gefühl vermitteln, zu Hause zu sein und vor allem: nicht vergessen worden zu sein.
Auf einem Tisch wird neben Blumen (Cempasúchil), Kerzen, einem kleinen Totenkopf aus Zucker und einem Foto des Verstorbenen auch seine Lieblingsspeise platziert. Eine Reise aus dem Totenreich macht hungrig und durstig. Wasser und ein süßes, mit Knochen aus Teig verziertes Brot (Pan de muerto) befindet sich auch auf dem Ofrenda.
Natürlich dürfen Gegenstände nicht fehlen, die dem geliebten Menschen wichtig waren. So kann auf einem Ofrenda durchaus neben einer Bibel eine Flasche Scotch stehen. Es ist übrigen nicht nötig, dass sich der Altar im Zimmer des Verschiedenen befindet. Meist wird er im Eingangsbereich aufgebaut.

- Am 27. Oktober ist es dann so weit. Die ersten Besucher kommen. An diesem Tag heißen die Mexikaner die Seelen ihrer geliebten Haustiere willkommen. Auch für sie wird ein Altar (Ofrenda) vorbereitet. Hundekekse, Kauknochen und der Wassernapf sind darauf zu finden.
- Der nächste Tag, der 28. ist für die Ankunft der Lieben reserviert, die bei einem tragischen oder unerwarteten Ereignis zu Tode gekommen sind. Übrigens werden im Haus nicht mehrere Altäre aufgestellt, einer wird immer wieder umdekoriert.
- Der 29. Oktober ist für die „Anima Sola“, die Seelen der Leute, die von ihrer eigenen Familie vergessen worden sind, reserviert.
- Besonders emotional für die mexikanischen Familien ist die Ankunft der verstorbenen Kinder und Babies am 30. und 31. Oktober.
- An dem Tag, an dem wir in Österreich zu den Gräbern gehen, dem 1. November, werden die Verwandten willkommen geheißen.
Damit alle Seelen den Weg zum Haus finden, werden Kerzen bei der Eingangstür platziert. Den Gang zum Friedhof machen die Mexikaner am 2. November, dem Allerseelentag. Nach einem Gottesdienst findet später im Haus noch eine sogenannte „Novena“ statt, ein neuntägiges Totengedenken.
Man verbringt Zeit mit den Verstorbenen
In manchen Teilen Mexikos ist es üblich, Zeit mit den Verstorbenen bei den Gräbern zu verbringen. So ist es keine Seltenheit, einen Mann mit Tequilaflasche an einem Grab sitzen zu sehen der Geschichten über den Verstorbenen zum Besten gibt. Natürlich steht auf dem Grab ein gefülltes Glas, damit der Großvater mittrinken kann.

Der Umgang mit dem Tod in Mexiko anders. Natürlich haben die Menschen genauso Angst. Allerdings wird der Tod dort mehr als „Teil des Lebenskreislaufs“ angesehen. Es wird schon mit Kindern ab einem gewissen Alter offen über das Unvermeidbare gesprochen. Man sieht es an den farbenfrohen Umzügen, die zum Día de los Muertos stattfinden. Die Menschen nehmen in traditioneller Kleidung als La Catrina an den Feierlichkeiten teil. Der Tod wird als nichts Schreckliches, sondern eher als ein Neubeginn angesehen wird. Eine Ansichtsweise, die durchaus etwas für sich hat …
Quellen: National Geographic über den Dia de los muertos
Gespräche mit Emiliano (Mexico) und Giovanna Noh (Mexico – Yucatán)
Bilderrechte:
Titelbild: Emiliano A.
Bild des Altars: Giovanna Ortiz Noh
Bild des Friedhofs von Mérida: Ingrid Müller
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